KLIMA³ – die neue Energieagentur in Türkenfeld

Geschäftsführer Andreas Weigand (links) mit dem Team von KLIMA³

Interview mit dem Geschäftsführer Andreas Weigand

Dieses Interview veröffentlichen wir mit freundlicher Erlaubnis des Bürgervereins Dorfentwicklung Türkenfeld e.V. Es ist dort in der Juli-Ausgabe der TiB erschienen.

Spätestens seit dem Tag der Offenen Türe am 18. Juni 2023 kennen die Türkenfelder die Klima- und Energieagentur KLIMA³ (sprich: Klima hoch drei) im Ortszentrum an der
Ecke Zankenhausener / Moorenweiser Straße. Gegründet wurde sie von den drei Landkreisen Fürstenfeldbruck, Landsberg und Starnberg nach Beschluss durch die jeweiligen Kreistage.
Hier bei uns hat sie im Oktober letzten Jahres ihren Standort bezogen, weil Türkenfeld zentral für alle drei Landkreise liegt und weil es mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar ist.

Die Klima- und Energieagentur soll den 66 Kommunen im Wirkungsbereich dabei helfen, die von der EU und dem Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Klimaziele zu erreichen. Die Beratung der Kommunen, Privathaushalte und Unternehmen hat zum Ziel, dass die drei Landkreise klimaneutral und unabhängig von fossilen Energieträgern werden.
Der Geschäftsführer der Agentur heißt Andreas Weigand. Der Wirtschaftsingenieur konnte in seinen bisherigen Tätigkeiten bei Energieversorgern und in Forschungsprojekten wertvolle Erfahrungen sammeln und Ideen entwickeln, die ihm in seinem Job in der Klima- und Energieagentur zugutekommen. An seiner neuen Aufgabe gefällt ihm, „da zu sein, wo die Musik spielt.“ Und das ist seiner Meinung nach in den Kommunen, wo nun die „Gemeinderäte und Bürgermeister in der Verantwortung stehen, dass etwas auf den Weg gebracht wird.“ Dies und noch mehr erklärt er uns in einem Interview.

TiB: Herr Weigand, Sie leiten seit Anfang März die Klima- und Energieagentur KLIMA³ in Türkenfeld. Haben Sie sich eingelebt?
Meinem Team und mir gefällt es in Türkenfeld ausgezeichnet. Wir wurden nett aufgenommen und freuen uns über die tatkräftige Unterstützung. Wir haben fußläufig alle Geschäfte des täglichen Bedarfs und helle, moderne Büroräume.
Außerdem liegt Türkenfeld für uns optimal, ist es doch praktisch die Mitte der drei Landkreise Starnberg, Fürstenfeldbruck und Landsberg. Es gab verschiedene Büros in der Auswahl, aber für eine Klimaagentur finde ich es ein schönes Zeichen, dass wir mit der S-Bahn gut erreichbar sind.

TiB: Im SZ-Artikel vom 5. Mai ist zu lesen, dass sich die Energieagentur in der Nachfolge des Energiewende-Vereins ZIEL 21 sieht? Welche Ziele verfolgt KLIMA³?
Wir orientieren uns in unseren Betrachtungen am Ziel der bayerischen Staatsregierung, nämlich Klimaneutralität bis 2040. Hier sagen Studien, dass das Ziel noch erreichbar ist, allerdings nur mit Tempo und Umsetzungskraft. Dabei ist es für mich wichtig, dass wir uns im Landkreis – soweit es möglich ist – selbst für unsere Energieversorgung verantwortlich fühlen, anstatt auf Großanlagen in Nord- und Ostsee oder auf Wasserstoff aus Afrika und die damit verbundene Übertragungsinfrastruktur zu setzen.

TiB: Wie können wir uns das mit dem Tempo und der Umsetzungskraft vorstellen?
Das ist natürlich so eine Sache. Wir haben hier in der Agentur keine Entwicklungsingenieure, wir bauen keine Starkstromleitungen, haben keinen Heizungsbauer.
Was ich jetzt schon mache: Ich fahre zu den Bürgermeistern in den drei Landkreisen. Das ist für mich eine wichtige Erfahrung, weil die Bürgermeister berichten, was vor Ort passiert. Ich habe aber auch schon auf Veranstaltungen gesprochen, oder ich werde von Gemeinderäten gebeten, zu erläutern, mit welchen Maßnahmen man Klimaneutralität erreichen könnte.
Dabei sind die Erwartungen hoch, aber meist gibt es ja nicht die eine Lösung, die für jede Kommune funktioniert.
Unser Erfolg hängt zusammen mit dem Erfolg aller betroffenen Akteure. Der Erfolg von KLIMA³ wird am Ende daran gemessen, wie viele Photovoltaikanlagen und Windräder gebaut wurden, wie viele Heizungen mit Wärmepumpen laufen und wieviel Energieberatung geleistet wurde, die zur Sanierung von Gebäuden führt.

TiB: In anderen Landkreisen gibt es ja auch schon Energieagenturen, z.B. in Ebersberg-München oder im Allgäu. Was übernehmen Sie von denen und wo haben Sie eigene Schwerpunkte in Ihrem Profil?
Wir sind mit den anderen Energieagenturen im engen Austausch, wobei man sich bei der Gründung am Ebersberger Modell orientiert hat. Derzeit klären wir, welche Leistungen wir direkt übernehmen können, wo es Synergien gibt, aber auch, ob Konzepte durch die Energiepreiskrise angepasst oder neuentwickelt werden müssen. Allerdings können wir jetzt schon sagen, dass es drei Schwerpunkte gibt:

  • Energieberatung der Bürgerinnen und Bürger
  • Unterstützung der Kommunen bei der Energie- und Wärmewende
  • Begleitung der Unternehmen bei Effizienz- und Energieeinsparmaßnahmen

TiB: Was wird da momentan am meisten nachgefragt?
Im Moment wollen alle ihre alten Öl-Heizungen austauschen und in den Gemeinden kommunale Wärmeplanung machen.
Das ist ein strategisch-planerisches Instrument für Städte und Gemeinden, um einen gesellschaftlich und wirtschaftlich tragfähigen Transformationspfad zum CO2-neutralen Gebäudebestand zu entwickeln.

TiB: Und wie sieht es mit den Unternehmen aus?
Die meisten Unternehmen haben sich längst mit dem Energiethema befasst. Immer mehr von ihnen sind durch ihre Lieferketten gezwungen, ihren CO2-Fußabdruck zu berechnen, um nachzuweisen, wie Produkte das Klima belasten. Dadurch wird es für sie interessant, wie man da eine gewisse Klarstellung hinbekommt, wieviel insgesamt emittiert wird. Andere Agenturen haben bereits Angebote, wo dann sowohl in der Region, als auch im globalen Süden Kompensationsprojekte umgesetzt werden.

TiB: Wie viele Mitarbeitende sind derzeit in der Agentur tätig und welche Ausweitungen im Personalbereich sind geplant?
Wir sind zum 01.07.2023 drei Festangestellte. Ich werde unterstützt durch eine Teamassistenz und eine Kollegin in der Öffentlichkeitsarbeit. Dazu kommt bald noch eine Projektmanagementfunktion für die kommunale Energie- und Wärmewende zur Unterstützung der Städte und Gemeinden. Aus dem Landratsamt Starnberg haben wir darüber hinaus noch Unterstützung beim Aufbau der Agentur. Außerdem beschäftigen wir derzeit einen Werkstudenten und eine Studentin, die bei uns ihre Masterarbeit schreibt.
Im Businessplan ist aber ein weiterer Zuwachs an Personal geplant, wir werden also auch im nächsten Jahr noch einstellen.

TiB: Wie finanziert sich die Energieagentur?
Es gibt eine Grundfinanzierung der Landkreise Fürstenfeldbruck, Starnberg und Landsberg am Lech als Träger sowie Förderung des Freistaats Bayern. Damit ist die Grundlage geschaffen, aber die Agentur soll sich wesentlich über Projektarbeit und Beratungsdienstleistung selbst tragen.

TiB: Damit wir uns Ihre Arbeit besser vorstellen können: Was sind typische Bestandteile einer Arbeitswoche bei Ihnen?
Als Geschäftsführer bin ich viel unterwegs. Derzeit führe ich Gespräche mit den Akteuren in den Landratsämtern, Energiewendevereinen und Bürgermeistern. Das versuche ich persönlich zu machen, denn auch hier gilt: „Es geht nichts über persönliche Gespräche vor Ort!“ Bei 66 Kommunen ist das eine echte Herausforderung, aber man lernt viel über die drei Landkreise. Von einzelnen Kommunen werde ich bereits gebeten, beispielsweise in Gemeinderatssitzungen über unsere Arbeit und Herausforderungen der Energiewende zu sprechen oder diese Gremien in Entscheidungen zu begleiten. Außerdem muss man immer das Ohr am Puls der Energiewirtschaft haben, also Gesetzestexte lesen, technische Innovation verfolgen usw.
Die Kolleginnen und Kollegen in der Agentur stehen für Erstenergieberatung zur Verfügung, planen Veranstaltungen und Kampagnen und stehen im Austausch mit den Landratsämtern, Behörden und vielen weiteren Partnern. Aber man muss auch sagen: Derzeit ist nebenbei auch noch viel Organisatorisches zu klären.

TiB: Wenn Sie mit den Landratsämtern zusammenarbeiten, sind das dann vor allem die Landräte oder die Mitarbeitenden dort?
Beides. Die Landräte sind meine Chefs, wobei der Vorsitzende der Gesellschafterversammlung turnusmäßig wechselt. Derzeit ist Landrat Stefan Frey aus Starnberg der Vorsitzende. Mit den Landratsämtern selber gibt es wöchentlich ein Treffen mit den Klimaschutzmanagerinnen, weil es mir von Anfang an wichtig war, dass wir einen guten Austausch miteinander haben.

TiB: Türkenfelder Bürgerinnen und Bürger können derzeit einmal im Monat eine kostenfreie Energieberatung vor Ort bekommen, die von der Verbraucherzentrale organisiert wird. Über Ihre Website können sie auch Informationen über Veranstaltungen und Webinare erhalten. Wird es noch weitere Angebote für Privatpersonen geben?
Das Thema Energieberatung liegt uns sehr am Herzen und wir sehen grundlegende Veränderungen. Durch die derzeit diskutierten gesetzlichen Vorgaben, allen voran das Gebäudeenergiegesetz, verändert sich das Wesen der Beratung. Wir analysieren derzeit, wie man das Angebot verbessern kann, spüren aber Verunsicherung einerseits, andererseits die Notwendigkeit der Begleitung in der Umsetzung. Ein Beispiel: Früher hat man die Ölheizung gegen Gas getauscht, ein Standardprozess, der in wenigen Tagen abgeschlossen war.
Möchte man heute eine Wärmepumpe einbauen, stellen sich Fragen zur Sanierung und oft zur Kopplung mit einer Photovoltaikanlage und einem Batteriespeicher. Solche Systeme sind komplexer in der Umsetzung, machen aber auch Spaß, wenn sie richtig umgesetzt sind.
Für Privatpersonen planen wir konkret auch Infoveranstaltungen und Kampagnen, um möglichst viele Menschen zu erreichen. Energieberater sind inzwischen gefragte Fachleute, hier müssen wir sehen, wie man die verfügbaren Kapazitäten zielgerichtet einsetzt.

TiB: Wie könnte eine „Verzahnung“ mit schon bestehenden ehrenamtlichen Bürgerinitiativen hier vor Ort aussehen?
Ich habe bereits vor meinem Dienstantritt die „großen“ Energiewendevereine der drei Landkreise eingeladen, um über die gemeinsame Arbeit zu sprechen. Das sind in Fürstenfeldbruck ZIEL21, in Landsberg LENA und der Energiewendeverein Starnberg e.V. Die ehrenamtliche Unterstützung ist mir sehr wichtig. Wir treffen uns regelmäßig, um sicherzustellen, dass wir für ein gemeinsames Ziel agieren. Und da gibt es jetzt auch schon einige Bürgerenergie-Genossenschaften hier in den Landkreisen, das sind die Umsetzer, da ist es wichtig, dass man sich austauscht.
Aber ich freue mich auch über einen dauerhaften Austausch mit lokalen Gruppen. Ein möglicher Anknüpfungspunkt wären aus meiner Sicht z.B. gemeinsame Veranstaltungen.

TiB: Im SZ-Artikel vom Mai wird vor allem der Schwerpunkt einer Zusammenarbeit mit den Kommunen dargestellt. Wie kann diese Kooperation anlaufen und welche Dienstleistungen kann die Agentur den Kommunen anbieten?
Nach 20 Jahren Energiewende und 20 % Zielerfüllung erwarten uns 16 ½ Jahre für die restlichen 80 %. Insbesondere in der Wärmewende ist da ein großer Hebel und hier spielen die Kommunen eine wichtige Rolle. Hier wird ein koordiniertes Vorgehen wichtig sein zur Erfassung der Ist-Situation, dem Ausarbeiten von Maßnahmen und danach der Umsetzung. Gerade weil viele verschiedene „Player“ beteiligt sind, muss intelligent geplant und beherzt umgesetzt werden. Dabei ist es wichtig zu verstehen, dass es nicht das eine Konzept gibt. So wird die Energie- und Wärmewende für Türkenfeld anders aussehen als für Germering.
Hier wird die Agentur die Kommunen perspektivisch in der Planungsphase sowie in der Umsetzung begleiten oder die Herkulesaufgabe der Koordination der Akteure wahrnehmen.
Oft fängt es aber schon viel früher an, denn am Anfang steht die Entscheidung der kommunalen Gremien und Verwaltungen, diesen Weg gehen zu wollen. Dafür ist viel Hintergrundwissen notwendig, das die Agentur z. B. in Workshops vermittelt und auf die Bedürfnisse der Kommunen herunterbricht.
Am Ende hängt der Erfolg vom Einsatz aller Beteiligten ab. Und das Wichtigste ist, anzufangen! In diesem Sinne möchte ich nicht nur den Kommunen, sondern allen Bürgerinnen und Bürgern mit auf den Weg geben: Legen Sie los mit Ihrer persönlichen Energiewende! Die KLIMA³ steht für Ihre Fragen bereit.

Interview: Marianne Gallen und Irmgard Meißner

So erreichen Sie die Klimaagentur:
Tel. 08193 31 23 911
Mail: buero@klima-agentur.bayern
Web: www.klimahochdrei.bayern

Die drei Landräte und Bürgermeister Emanuel Staffler begrüßen beim Tag der offenen Tür der Klimaagentur die zahlreichen Gäste.

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